Wiss.-Techn. Fotografie
Fotografie in der Wissenschaft

Die wissenschaftliche Fotografie ist so alt wie das bildgebende Verfahren der Fotografie überhaupt. Schon immer dienten wissenschaftliche Aufnahmen dem Zweck der Analyse und der Dokumentation von Forschungsergebnissen. Ob im Weltall, in der Medizin, in der Natur oder in der Materialforschung; dieses sind alles Bereiche, in dem zum Zweck der Wissensdokumentation fotografiert wird.
Während meiner zwischenzeitlich 35-jährigen Tätigkeit an der Materialprüfungsanstalt Uni Stuttgart gab es bei meinen beruflichen Aufgaben immer wieder Berührungspunkte zur Fotografie. Hierbei hat mir die institutseigene Fotoabteilung häufig wichtige Einblicke in deren Arbeiten gewährt. Die Arbeiten unserer Fotografenmeister konnte ich immer dann in Anspruch nehmen, wenn bedeutsame Ergebnisse aus den Forschungsprojekten wie Versuchsaufbauten, Versuchsergebnisse und bildgebende Analysen, möglichst genau fotografisch dargestellt werden mussten. Die Wiss.-Techn. Fotografie hat mich seither besonders fasziniert und das dort vermittelte Wissen konnte ich oft auch bei meinem Hobby, der Konzertfotografie, an mancher Stelle sinnvoll einsetzen.
Über 16 Jahre durfte ich mich an der MPA Stuttgart um die Dichtheit und um ihre Kennwerte von Industriearmaturen kümmern. Auf dieser Seite möchte ich nun etwas mehr auf diese besonderen Formen der Fotografie eingehen. Die hier gezeigten fototechnischen Verfahren und Bilder wurden allesamt den bereits veröffentlichten Berichten und von mir betreuten Forschungsvorhaben entnommen.
Metallografie - Fotografieren von metallischen Gefügen

Unter Metallografie versteht man die Aufklärung sowie die qualitative und quantitative Beschreibung des Gefüges metallischer Werkstoffe mithilfe mikroskopischer Verfahren. Sie stellt damit eine Disziplin der Metallkunde dar. Die Metallografie findet ihre Bedeutung zumeist in der Qualitätssicherung, der Klärung von Schadensfällen, der Forschung und in der Produktentwicklung. Die Gefügeuntersuchung mittels Licht- und Elektronenmikroskop dienen zur Charakterisierung von Werkstoffzuständen und Werkstofffehlern in metallischen und nichtmetallischen Werkstoffen. Das Fotografieren von Schliffbildern ist dabei ein wesentlicher Bestandteil dieses Berufsbildes. Das Foto zeigt die Gefügedarstellung einer HVOF Beschichtung.
Rasterelektronenmikroskopie – Fotografieren von kleinsten Strukturen

Die Rasterelektronenmikroskopie ist ohne Zweifel die vielseitigste unter den mikroskopischen Untersuchungsmethoden. Die jedoch mit Abstand teuerste Kamera die ich für meine Arbeiten nutzen durfte, ist die AURIGA von der Fa. Zeiss. Dieses hochmoderne System erweitert das Untersuchungsspektrum der bereits vorhandenen Mikroskope in den Bereichen der Materialforschung und der Bauteilprüfung erheblich. Damit können Gefügemerkmale und Oberflächenstrukturen von Werkstoffen mit einer Auflösung von einem Nanometer abgebildet und analysiert werden. Neben der Darstellung von Oberflächenstrukturen ist es möglich, mittels einer Spektralanalyse eine detaillierte Aussage über die Oberflächenzusammensetzung zu treffen. Das Foto zeigt die Auriga FIB-SEM von Carl Zeiss an der MPA Stuttgart.

In der AURIGA Workstation sind ein hochauflösendes Mikroskop mit einem fokussierten Ionenstrahl und eine Vielzahl von Detektionsmöglichkeiten kombiniert. Damit können Details zukünftiger Werkstoffe mit einer Auflösung von einem Nanometer abgebildet und analysiert werden. Der Ionenstrahl ermöglicht präzise Schnitte in die Tiefe des Materials, wodurch die Struktur von Werkstoffen unterhalb der Probenoberfläche zugänglich wird. Dreidimensionale Gefügeuntersuchungen werden somit möglich. Gerade die Vielseitigkeit des neuen Mikroskopes bietet eine neue Qualität von Oberflächen- und Strukturuntersuchungen, die über die Möglichkeiten konventioneller Rasterelektronenmikroskope weit hinausgeht. Mit dem ebenfalls eingebauten STEM-Detektor sind selbst Strukturen im Nanometerbereich zugänglich, die bisher nur mittels Transmissionselektronenmikroskop (TEM) untersucht werden konnten. Das Foto zeigt einen FIB Schnitt an einer Armaturenspindel.
Thermografie – Fotografieren von Wärme

Die Thermografie ist ein bildgebendes Verfahren zur Anzeige der Oberflächentemperatur von Objekten. Dabei wird die Intensität der Infrarotstrahlung, die von einem Punkt ausgeht, als Maß für dessen Temperatur gedeutet. Bei der Infrarotthermografie wird ausgenutzt, dass jeder Körper, der eine Temperatur über dem absoluten Nullpunkt besitzt, eine von seiner Temperatur abhängige Wärmestrahlung aussendet. Diese Strahlung liegt im Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums und kann mithilfe geeigneter Kameras sichtbar gemacht werden. Bei der aktiven Thermografie wird gezielt Wärme in den Körper einer beschichteten Armaturenspindel eingebracht und das Aufwärm- und/oder Abkühlverhalten des Körpers betrachtet. Das Foto zeigt die Thermografie an einer beschichteten Armaturenspindel.
Farbeindringprüfverfahren – Fotografieren von unsichtbaren Poren

Risse und Poren an Metalloberflächen, die während der Herstellung oder auch im Betrieb auftreten, können durch entsprechende Prüfverfahren sichtbar gemacht werden. Das Eindringverfahren, "Penetrant Testing" (PT) genannt, ist eines dieser Verfahren und eine vergleichsweise einfache Untersuchungsmethode der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung. Sie wird angewandt zur Anzeige von Oberflächenfehlern, wie Poren, Risse, Bindefehlern, Überlappungen und Rollierfalten, die zur Oberfläche hin offen sind. Poren und Fehlstellen können als fluoreszierende Anzeigen unter UV-Licht sichtbar gemacht werden. Das Foto zeigt die Sichtbarmachung von kleinsten Poren an einer beschichteten Armaturenspindel.
Weißlichtinterferometrie - Fotografieren von Topografien

Die Weißlichtinterferometrie (WLI) ist eine berührungslose optische Messmethode, welche die Interferenz von Weißlicht ausnutzt und so 3D-Profilmessungen von Strukturen mit Abmessungen zwischen einigen Zentimetern und einigen Mikrometern erlaubt. Die Vorzüge dieser Technik liegen in der schnellen Abbildung der Oberfläche und einer hohen Auflösung in z-Richtung von < 1 Nanometer. Weißlichtinterferometer (WLI) erlauben eine berührungslose Erfassung der Oberflächentopographie. Ein Teil des Lichtes, das in das Interferenzobjektiv fällt, wird mit einem Strahlteiler auf einen Referenzspiegel gelenkt. Dieses Licht wird dann in einer CCD-Kamera mit dem von der Probe kommenden Licht überlagert. Sind die Weglängen zwischen Probe und Kamera sowie zwischen Referenzspiegel und Kamera gleich, kommt es zur konstruktiven Überlagerung der beiden Strahlen. Die Auswertung der entstehenden Interferenzmuster erfolgt mit einem Computer, der aus diesen Informationen ein Abbild der Oberfläche berechnet. Das Bild zeigt die feingedrehte Oberfläche einer Armaturenspindel.
Digital Image Correlation – Fotografieren von Spannungen

Die digitale Bildkorrelation (Digital Image Correlation, abgekürzt DIC) ist ein Verfahren zur Berechnung von 2D- oder 3D-Koordinaten aus Einzelbildern oder Bilderserien, die entweder mit einer einzelnen Kamera, einem Stereokamerasystem oder einem Multikamerasystem aufgezeichnet wurden. DIC ist eine optische Messtechnik, bei der die Verformung, Verschiebung, und Belastung eines Materials oder einer Struktur analysiert werden kann. Die Nutzung einer Kamera erzeugt ein 2D-Bild, das die Analyse von Dehnung, Spannungen und Verformung in einer Ebene ermöglicht. Eine weitere Methode um Oberflächenspannungen zu ermitteln, ist die auf DMS-Technik basierende Bohrlochmethode.

Eine weitere Methode um Spannungen an den Oberflächen zu ermitteln, ist die auf DMS-Technik basierende Bohrlochmethode.
Schadensanalyse – Fotografieren von Schadensfällen

Das Gebiet der Schadenskunde ist ein sehr breites Gebiet mit Schnittpunkten in zahlreichen Fachgebieten wie z. B. der Metallographie, Werkstoffprüfung, Numerik, Korrosionskunde, Zerstörungsfreie Prüfungen, Beanspruchungsanalyse und vielen mehr. Für eine saubere Dokumentation von Schäden ist die klassische Makrofotografie, welche an der MPA Stuttgart auf höchstem Niveau umgesetzt wird, unabdingbar. Das Foto zeigt eine fotografische Dokumentation von Ausblasschäden an einer Armaturenabdichtung.

Nach gravierendem Abrieb von Graphit infolge Spindelbewegung kann es bei anstehendem Druck - so die praktische Erfahrung - zum „Ausblasen“ ganzer Teile der Packung und demzufolge großer Leckage an Industriearmaturen kommen. Um den Nachweis der Ausblassicherheit von Packungen in Stopfbuchsabdichtungen zu untersuchen, wurde zunächst eine Prüfeinrichtung neu konzipiert und in Betrieb genommen. Für die Untersuchungen wurden Standardpackungen auf der Basis von Graphit verwendet. Als Druckmedium wurde überkritischer Wasserdampf mit einer Temperatur von 400°C (673,16 K) und einem Dampfdruck von 300 bar gewählt. Das Foto zeigt das Ausblasen einer Armaturenabdichtung.
Rauheitsmessung – Fotografieren von Oberflächenrauheiten

Die Rauheitsmessung ist eine Oberflächenmessung und dient der Ermittlung der Oberflächenrauheit. Dazu wird ein zwei- oder dreidimensionales Profil der Oberfläche vermessen. Daraus werden mit Hilfe standardisierter Verfahren verschiedene Rauheitskenngrößen berechnet, die die Oberflächenrauheit charakterisieren. Das Foto zeigt die Darstellung einer 3D-Rauheitsmessmethode zur Untersuchung von Armaturenspindeln.
Technische Fotografie darf auch Spaß machen
Dieses Foto zeigt auf humorvolle Weise die aufwändigen Untersuchungen an Dichtverbindungen
im Armaturenbau
Heute bin ich einmal vor der Kamera, denn die Materialprüfungen müssen ja weitergehen